Sonntag, 25. Februar 2018, 17 Uhr

Nueva España

Ensemble Mare Nostrum:
Nora Tabbush, Gesang
Josué Meléndez, Jaranas, Cornetto, Gesang
Daniel Zapico, Theorbe 
Andrea De Carlo, Violes de gambe

"Nueva España" nennt sich die hinreissende CD des "Ensembles Mare Nostrum" mit Werken aus der mexikanischen Barockzeit. Das hochkarätig besetzte Ensemble um die argentinische Sängerin Nora Tabbush und den italienischen Gambisten Andrea di Carlo präsentiert in diesem Programm Musik, die von der indigenen Kultur ebenso geprägt ist wie von der westlichen barocken Kunstmusik. Das Ensemble Mare Nostrum zählt nicht nur zu den führenden europäischen Ensembles für Alte Musik. Zusammen mit dem aus Mexiko stammenden Cornetto-Virtuosen Josue Melendez und dem spanischen Theorbenspieler Daniel Zapico strahlen die Musiker eine Leichtigkeit und Lebensfreude aus, die einfach hinreissend sein wird.

 

Website "Nueva Espana

"So grausam die ganze Sache war, so Eindrucksvolles ist immerhin später daraus erwachsen: Für die indigenen Völker Mittelamerikas war die die Invasion der spanischen Eroberer seit Beginn des 16. Jahrhunderts eine Katastrophe von zuvor nie gekanntem Ausmass. Und spätestens nachdem die Truppen des Conquistadors Hernàn Cortés 1521 die aztekische Hauptstadt Tenochtitlán erobert und zerstört hatten (auf deren Ruinen Mexiko-Stadt entstand), führten die Spanier auch einen Kampf gegen die indianischen Kulturen und löschten sie fast aus. Allerdings brachten die Eroberer eine grosse eigene Kultur mit, die an die Stelle der vernichteten trat, sich mit deren Resten vermischte und sich schliesslich zu einer neuen, wiederum ganz eigenständigen Kultur entwickelte. So auch in der Musik: Wie die Musik der Azteken klang, wissen wir nicht, aber als die von den Spaniern importierte Barockmusik der Musik der Ureinwohner begegnete, entstanden neue Stile und Formen, die sich schnell von ihren Vorbildern lösten und in eine eigene, höchst charakteristische mexikanische Musik von Weltrang mündeten. So neu und eigen diese mexikanische Musik aber war und ist, so viel hat sie doch "in ihrem Inneren" von ihren spanisch-barocken Wurzeln bewahrt - Grund genug für das Ensemble Mare Nostrum unter der Leitung von Andrea de Carlo, auf ihrer neuen CD diesen Wurzeln nachzuspüren und dazu ein hochbarockes Instrumentarium - Gamben, Zink, Barockgitarre, Vihuela - undogmatisch und ohne Berührungsängste mit Instrumenten der mexikanischen Folklore zusammenzubringen wie der mexikanischen Gitarre Jarana, der Arpa Jarocha und diversen Schlaginstrumenten. Crossover-Kitsch ist trotzdem nicht dabei herausgekommen, im Gegenteil: Unter dem behutsamen, subtilen Zugriff der Alte-Musik-Experten und in geschmackvollen Arrangements erblühen die alten und teilweise gar nicht so alten Stücke (denn das jüngste davon stammt aus den 1930er-Jahren) zu reizvollem, entspanntem, farbenreichem Leben, mal vital-gutgelaunt, südlich-sinnlich, mal zart und iberisch melancholiegesättigt. Und wenn dann noch die klare, nuancenreiche Stimme der argentinischen Sopranistin Nora Tabbush dazu kommt, dann verschwimmen die Grenzen zwischen Folklore und "Ernster Musik", verschwimmen die Grenzen zwischen den Zeiten und Jahrhunderten auf angenehme, hochpoetische Weise. Viva el Mexico!"

Rezension bayerischer Rundfunk 2012