i buccinisti: fili mi absalon | 15. märz 2015
henryk böhm, bariton
giovanna pessi, barockharfe
ulrich eichenberger, alt-/tenorposaune
christian braun, tenorposaune
michael haslebacher, tenorposaune
christian brühwiler, bassposaune
Aus Musikerperspektive ist das besondere Projekt sehr gut gelungen. Die Programmgestaltung ist abwechslungsreich und in sich stimmig. Die anspruchsvolle Thematik "Tod, Leiden, Trauer und Trost", die sich durch das ganze Programm zieht, wird subtil gebrochen durch instrumentale Zwischenspiele der Barockharfe.
Sehr gut integrierte sich auch die Auftragskomposition von Jürg Frey, die nicht nur inhaltlich die Thematik des Werdens und Vergehens aufgreift, sondern auch formal auf die kompositorische Struktur der frühbarocken geistlichen Konzerte Bezug nimmt. Das Gedicht "Gras" des chinesischen Schriftstellers Bay Juyi erscheint wie eine säkulare Replik auf die religiösen Texte, die den frühbarocken geistlichen Konzerten zugrundeliegen. In Jürg Freys Stück ereignet sich ganz wenig, es gibt sich so karg wie der Text, den es vertont. Instrumentale, fast statische Bläser-Blöcke nehmen eine ähnliche Funktion wahr wie die instrumentalen Zwischenspiele bei Heinrich Schütz. Die Gesangslinien sind extrem reduziert, doch gibt es subtile, expressiv angereicherte Momente, die einzelne Worte hervorheben und mit Bedeutung aufladen. Durch die vielen Wiederholungen, die häufig nur durch leicht unterschiedliche Dauern variieren, erhalten die auffallenden Änderungen, beispielsweise die Flageolett-Passage vor dem Schlussteil, ein grosses Gewicht. Diese Flageolett-Passage baut als Kontrast auch ideal den Schlussklang vor, der unvermittelt den Klangraum in die Tiefe weitet und seinerseits die ausgedehnte finale Gesangslinie vorbereitet.
Henryk Böhm erwies sich als ausdrucksstarker Interpret mit sehr vielen Farben und gestalterischen Möglichkeiten, was seine Interpretation ausgesprochen lebendig machte. Für jeden Sänger (und für jeden Musiker) ist es zudem ein Geschenk, mit der Harfenistin Giovanna Pessi arbeiten zu dürfen. Sie begleitete einfühlsam, diskret und gestaltete ihre kurzen solistischen Beiträge mit wunderbarem Timing. Für manche Werke, besonders "Summa" von Arvo Pärt, war die Alte Kirche etwas zu klein. "Summa" bräuchte wohl einen Raum mit längerer Akustik.
Durch den zeitlichen Abstand von einem Jahr gingen das Filmportrait über und das Gespräch mit Jürg Frey im Kino Roxy etwas vergessen. Auftragskomposition, Film, Gespräch und Konzert bildeten ein stimmiges Ganzes, das nicht nur für die Zuhörer, sondern für alle Beteiligten eine bereichernde Erfahrung war.
Christian Brühwiler
Programm mit Audioclips
Alessandro Piccini: Toccata I
Heinrich Schütz: Attendite,popule meus
Thomas Selle: Domine exaudi
Johann Sebastian Bach: Komm süsser Tod
Arvo Pärt: Summa
Jürg Frey. Gras (2013/14)
J.S.Bach: Bist du bei mir
Anonym (Napoli): Aria di Mantova
Antonio Ribera: Rex autem David
Heinrich Schütz: Fili mi Absalon
J. H. Kapsberger: Toccata arpeggiata (1611)
Johann Rudolf Ahle: Herr, nun lässest Du
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